Donnerstag, 23. Februar 2012

Lesesteine

Bei meinen Spaziergängen über die Felder und durch die Jahreszeiten sind die kleinen graduellen Veränderungen in der Landschaft für meinen künstlerischen Ansatz ein wichtiger Ideengeber und oft "Stein des Anstoßes"...
So ist es auch mit den Lesesteinen (allgemein auch als Feldsteine bekannt):

...hinauf ans Tageslicht

Durch Bodenerosion, Frost und schwere Technik aus den Tiefen der Erde heraufbefördert, bleiben sie für ein paar Monate ein Teil der Landschaft, bis sie von Bauern und Helfern abgelesen werden. 
Straßen-Mauern-Häuser...so erfüllen sie ihre Funktion seit vielen Jahrhunderten und sind somit der strukturelle Grundbestand unserer Zivilisation. Dabei ist jeder Stein ein Unikat, hat einen formbaren Charakter und fordert die menschliche Kraft heraus.
Grundsätzlich ist die ständige Veränderung der Ansichten - von Raps über Mais und Roggen bis hin zu Weizen und Rüben, von staubtrocken bis regennass oder schneebedeckt - das was das Erlebnis "Kulturlandschaft" für mich bedeutet...zurzeit eben auch mit den Lesesteinen.

Donnerstag, 16. Februar 2012

Wustrow - die verlassene Halbinsel

Die Heimat von Uecker, Sperrzone, Militärgebiet, ein privates Investment ohne Investitionen, einmalige Natur zwischen Salzhaff und Ostsee,... all das ist die Halbinsel Wustrow. Beim gestrigen Besuch (eine seltene Gelegenheit) hatte ich trotz des schönen Wetters ständig die Bilder von Schlingensiefs "Egomania - Insel ohne Hoffnung" vor Augen. Bekanntlich wurde dieser Film ja auf Langeneß gedreht, aber eine Neuauflage wäre jederzeit im eisigen Winter auf Wustrow möglich.

Aber der Reihe nach...auf dem Weg nach Rerik hatte ich zunächst eine Begegnung mit diesem Kalb:

das goldbraune Kalb

Nach dem erledigen einiger Formalitäten - einem Haftungsausschluss - und dem Bezahlen von fünf Euro, lässt man das Tor und den Sicherheitsdienst hinter sich und erreicht (begleitet und geführt) die ersten militärischen Baracken...

zwanzig Jahre Einsamkeit und Wind und Wasser

1935 kamen die Nazis und schuffen eine riesige militärische Ausbildungszone (Flakschule), dann kamen die Russen (verminter Abenteuerspielplatz) und blieben für eine gefühlte Ewigkeit. Anfang der Neunziger schien das Finanzministerium nicht viel mit diesem landschaftlichen Schatz anfangen zu können und veräußerte es an Jagdfeld und seine Investmentgruppe. Seit Jahren geschieht nun herzlich wenig, da Heiligendamm bekanntlich jede Menge Geld frisst. So ist auch die Räumung der militärischen Hinterlassenschaften noch nicht komplett abgeschlossen und oft findet man diesen Hinweis:

kaum fassbare Bedrohung

Doch die Natur kann sich frei entfalten und bietet eindrucksvolle Bilder:

der Wind als formender Meister

Von der Landwirtschaft, die hier einst vom Gut betrieben wurde sind längst alle Spuren verwischt, die Felder sind nur zu ahnen... Und die Technik ist längst von der Insel geschafft, umso verwunderlich ist der Anblick dieses russischen Traktors (wohl eher militärisch genutzt) in einer alten Lagerhalle:

japanische Künstlerin auf russischem Auslaufmodell

Kaum vorstellbar, wie die Insel zu Ueckers Kindertagen ausgesehen haben muss...diese Bilder liegen in den Köpfen der einstigen Bewohner. Die Geschichte hat einen dicken Schleier darüber gelegt und die jetztigen Besitzer werden, falls sie irgendwann beginnen, eine Touristenhochburg schaffen...

Für mich bleibt dieses Bild, das vieles erklärt und wenig deutet:

Halbinsel Wustrow 2012

Montag, 6. Februar 2012

aus der Werkstatt - dreimal Stacheldraht

Hier nun eine neue Bild-Serie (noch ohne Namen)...die Farbe auf der Leinwand ist noch nicht ganz trocken, aber zwischen rostigen Stacheldraht und humusreicher Erde doch schon reif genug für den Bildschirm...

eins-zwei-drei

im Detail

im Arbeitsprozess

feuchte Farbe ohne Draht

...die Poesie zu dem Werk wuchert gerade im Kopf und wird bald auf Papier gebannt.

Freitag, 3. Februar 2012

der Schuh auf dem Feld

Bei eisigen Temperaturen suchte ich heute einen kleinen Feldabschnitt am Rande von Görlitz auf. Nur etwas Schnee und Eis bedeckte das dünne Grün und betonte die Struktur des Ackers...

minus 8 Grad Celsius

Nach ein paar Metern bot sich mir ein - für diesen Ort - ungewohntes Motiv...

lost and found

Da schaute ich dann doch noch einmal genauer hin...

schwarzer Schuh

...und grübelte auf dem Rückweg an möglichen Varianten für den Ursprung dieser Geschichte. Schlussendlich entstand dieses Gedicht:


der Schuh auf dem Feld



ihre Füße
stolpern aus dem Licht
der bunten Stadt
zurück auf das Land

ihre Füße
wieder mal zu schnell
und ein Schuh
der ihnen nicht folgen kann

barfuß
auf dem Weg
aus der Nacht
in das Schweigen
eines kalten Morgens


das Eis bricht auf den Feldern
sucht haltlos nach Kontrast
und findet einen schwarzen Schuh